Luna's Lyrik

Hier lernt Ihr einen sehr persönlichen Teil von mir kennen.
Diese Gedichte sind zwar schon sehr alt – die meisten wurden 1994 geschrieben, aber ich bin immer noch sehr stolz auf sie. Da es sich hierbei um mein geistiges Eigentum handelt, möchte ich Euch darum bitten, dass – sollte doch jemand von Euch an Ihnen Interesse haben – Ihr mich diesbezüglich unter diemahrs@t-online.de daraufhin ansprecht. Danke! :)

Ich habe sie damals in einer Zeit geschrieben, in der es mir seelisch sehr schlecht ging…
das merkt man auch ziemlich, denke ich…


Naja, lest einfach und macht Euch davon selbst ein Bild!

 

 

Sehnsucht

Manchmal möchte ich fort;
weit weg, an einen anderen Ort.
Doch wohin soll ich flieh’n?
Am Besten dorthin, wohin die weißen Wolken zieh’n;
Wo sich der Blumenduft, süß und zart
mit dem warmen Sommerwinde paart;
Wo Tiere und Pflanzen noch sprechen und
nicht unter Menschenhand zerbrechen;
Wo Löwe und Lamm sich nicht sind Feind und
wo kein einsam’ Herz still und traurig weint;
Wo Liebe gedeiht und nicht stirbt und
der Haß nicht alles verdirbt;
Wo wilde Wasser schäumen,
durchsetzt mit Hoffnung und Träumen;
Wo im strahlenden Lichte Elfen tanzen und
nicht Kriege drohen mit blutigen Lanzen;
Wo sich alle noch gegenseitig trauen und
nicht mit Worten und Taten das Leben verbauen;
Wo alle Märchen noch sind wahr und
nichts und niemandem droht Gefahr;
Wo sich stolze Adler in die Lüfte schwingen,
herrlich frei und durch nichts zu bezwingen;
Wo sich Bäume wiegen in warmer Brise und
Einhörner spielen auf der Wiese;
Wo die strahlende Sonne in Ihrer Pracht
sorgsam über alles Leben wacht;
Wo Liebe noch mehr ist als nur ein Wort –
Ja, das ist der ort.

Doch wo soll ich ihn suchen,
wie ihn erkunden?

Von dieser Welt
ist er längst verschwunden…


05.05.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Sehnsucht II

Vielleicht ist er ja dort,
mein Ort,
wo sich das schwarze Tor befindet,
um das sich eine Schlange windet;
Es ist groß und schwarz, weit und breit;
Es ist so schwarz, dass meine Seele schreit.
Aber es scheint mir der einzige Weg zu sein und
so gehe ich schließlich doch hinein.
Alles, was ich finde, ist Einsamkeit,
keine Menschenseele, nur Dunkelheit.
Wo sind all’ die Blumen,
wo ist der Wind?
Wo sind die Tiere,
die so freundlich und zärtlich sind?
Dieses war der falsche Weg,
ich sehe es nun,
doch jetzt ist es zu spät.
Das Dunkel wird stärker –
bald kommen die Wärter,
die Wächter des Tores.
Sie werden mich holen,
so ist’s Ihnen befohlen und
ich werde mit Ihnen gehen;
Was soll schon geschehn?
Ich komme ja doch nicht fort
an meinen geheimen Ort;
Ich hab’s doch gesehn,
nichts hat sich verändert,
keine Verbesserung ist geschehn.
Alles ist immer noch das Gleiche,
es war keine große Weiche,
die die Bahn meines Lebens verändert hat;
Ich kann und ich will nicht mehr –
Ach, es ist schon so lange her,
dass mein Leben noch hatte einen Sinn;
Drum gebe ich es mit Freuden hin;
Da sind die Wärter schon,
sie verletzen mich mit Ihrem Hohn.
Doch da!
Ein Blitz – ich traue meinen Augen kaum –
plötzlich stehe ich an eines Waldes Saum und
höre eine Stimme, die zu mir spricht:
„Geh nicht hin – Bitte tu es nicht!“ –
Der Alp zerbricht,
auf mich fällt ein Licht und
Schicht für Schicht kann ich mich befrein’.
Staunend lag ich dann und
sah alles mit ganz anderen Augen an und
begann zu verstehn –
so schnell kann’s gehen.
Wie Schuppen fiel es mir dann von Augen,
ich konnte es kaum glauben –
diese Stimme gehörte Dir!
Du bist zurückgekehrt zu mir!
Nun ist alles wieder gut und
der Hölle Glut
ruht hinter dem schwarzen Tor und
kommt so lange nicht hervor,
wie keiner dessen Riegel zerbricht und
somit verliert sein Gesicht.
Und ich werde weiter suchen und
dennoch hören Dein Rufen;
Mit Deiner Hilfe werde ich ihn finden,
meinen Ort;
Mit Deiner Hilfe werde ich alles verwinden,
auch jedes böse Wort;
Gemeinsam mit Dir suche und finde ich ihn –
UNSEREN Ort!


05.05.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Der Alptraum im See

Majestätisch und schweigend lag er da;
So fand man Ihn Jahr um Jahr.
Schimmernd in grün, gold und blau,
Bewegt nur von Winden so lau.
Die Farben kräftig und stark –
Voll von der Macht, die er in sich barg.
Sein Grund lag in tiefem Grau,
Glänzend wie die Augen einer wunderschönen Frau und
In seinen Tiefen, seit Äonen nicht geweckt
Ein Alptraum sich in unser Leben schleppt.
Bedeckt mit Schuppen, Schleim und Klauen –
Kein menschlich Aug’ darf es je schauen,
Denn einmal aus ewigem Schlaf erwacht
Ist es aus mit all der Unschuld und Pracht.
Dies Unglück ist schon mal geschehn und
Sollte an sich für Immer bestehn,
Doch durch das Opfer einer holden Maid –
Das war vor langer, langer Zeit –
Ward es noch einmal besiegt,
Weshalb es nun drunten auf dem Grunde liegt und
Heimlich darauf wartet, dass der Moment wird kommen,
Wo es für immer auslöscht Sterne und Sonnen.
Drum denkt an die Warnung aus alter Zeit:
Vergeßt nicht die Schöpfung und geht nicht zu weit,
Denn je mehr wir zerstören die Natur,
Um so mehr fördern wir das Monster nur,
Das nur schlummernd darauf wartet,
Wer den nächsten Angriff startet,
Um den Augenblick nutzend die Macht zu ergreifen
Und unsere Welt zu schleifen.

Dies lauert also auf dem Grunde des Sees –
Wer den Alptraum weckt,
Der die Welt mit Haß, Tod und Zerstörung bedeckt.
So lasst ihn ruhn,
Stoppt Euer Tun und
Verschont wenigstens diesen Flecken Erde,
Auf dass es nicht unser aller Ende werde!

09.05.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Trennung

Golden schimmernd Licht
Lag sanft auf ihrem Haar;
Doch er sah es nicht,
Da er in Gedanken ganz woanders war.

Sie spielte träge mit einer Locke
Und küsste sanft sein Gesicht,
Als er sie grausam schockte und
Ihr sagte, er wolle das nicht.

Ratlos blickte sie ihn an und
Konnte es nicht verstehn –
Was hatte sie nur getan und
Warum wollte er schon gehn?

Sie bekam keine Antwort auf die Fragen,
Er sprach kein einzig’ Wort.
Ihr verzweifelt Herz begann zu schlagen,
Doch ohne Zögern ging er einfach fort.

Da saß sie nun und staunte.
Was war denn nur geschehn?
Und ihr Verstand raunte:
Laß ihn einfach gehen!

Doch sie konnte von ihm nicht lassen,
Sie wollte wissen, warum;
Ich kann ihn doch nicht hassen!
Was soll ich denn bloß tun?

Tränen standen in ihren Augen und
Schmerz grub sich in ihr Gesicht.
Woran soll ich jetzt noch glauben,
Was hat denn noch Gewicht?

Nach langer, langer zeit
Ward sie wieder still
Und erklärte sich tapfer dazu bereit,
Zu finden ein neues Ziel.

Da hörte sie ein Klopfen und
Sog den Atem ein;
Sie wagte nicht zu hoffen –
Konnte er es vielleicht sein?

Nach ewig langem Ringen
Entschied sie sich dafür;
Sich zur Fassung zwingend
Öffnete sie die Tür.

Er stand nur da und sah sie an,
Die Augen voller Tränen;
Stumm bat er sie sodann,
Ihn in die Arme zu nehmen.

Sie schloß ihn in die Arme und
Bedeckte ihn mit Küssen.
Er folgte ihr ins Warme –
nun würde er für Immer bleiben müssen!


12.05.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Aus

Sie lag still in ihrem Bette;
Vor Trauer das Herz so schwer.
Ach, wenn sie doch nur nachgegeben hätte –
Die Zweifel fielen über sie her.

Sie gedachte im Geiste den Schwänen –
Zeugen des vergangenen Gesprächs;
Prompt kamen ihr heisse Tränen –
Doch für diese war es jetzt zu spät.

Der Abend hatte schon falsch begonnen –
Dabei hatte sie sich so darauf gefreut;
Diesmal hatte der Teufel gewonnen –
Noch nie hat sie etwas so bereut.

Sie hatte ihm sagen wollen,
Wie viel Liebe sie für ihn empfand und
Bei fernem Donnergrollen
Nahm sie zärtlich seine Hand.

Der weg führte zu einem Ort
Der wie verzaubert lag und
Sie sprachen kein einzig’ Wort,
Um zu erhalten die Magie, die der Augenblick barg.

Sie kamen an einen See –
Golden schimmernd im Abendlicht und
Ihr Herz tat plötzlich weh,
Als sie blickte in sein Gesicht.

Sie bleiben unter einem Baume stehen –
Er sah sie fragend an:
Willst Du denn nicht weiter gehen?
Das brach den süßen Bann.

Sie folgten weiter den Wegen,
Voll von Schwänen war der Teich;
Sanft begann der Regen,
Er fiel wie ein Vorhang so weich.

Er sagte: ich muß Dir was gestehn –
Sie konnte das Unheil spüren –
Ich werde in die Fremde gehen!
Vor Schreck wagte sie sich nicht zu rühren.

Und so kam es zu dem Streit.
Sie wollte ihn nicht verstehn –
Sie war dazu noch nicht bereit.
Deshalb ließ sie ihn einfach gehn.

Traurig ging sie dann nach Haus,
Das Herz ward ihr so schwer;
Nun ist es also aus;
Es ist einfach nicht fair.

Am Morgen kam sie zu dem Schluß,
Daß sie ihn zu sehr liebte und
Beschloß zu vergessen allen Verdruß,
So dass ihre Liebe siegte.

Doch als sie am nächsten Tag
Mit dem Entschluß, den sie gefasst
Aus dem Hause trat
Hatte sie ihn bereits verpasst.

Seine Wohnung war still und leer –
Fassungslos stand sie da.
Nun finde ich ihn nie mehr,
Um ihm zu sagen, wie dumm ich war.

Weinend brach sie zusammen,
Seinen Namen rufend in einem Fort;
Vögel traurig dazu sangen,
Sanft ersetzend des Trostes Wort.

Nach einer Weile stand sie auf und ging,
Die Vergangenheit blieb hinter Ihr zurück;
Mit jedem Schritt sie sich mehr fing und
Machte sich auf, zu finden ein neues Glück.


18.05.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Mondlicht

Zart schimmernd fällt es herab –
Es tröpfelt silbern durch schwarze Zweige;
Es fällt unendlich und geht nicht zur Neige.

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Bäume werden zu schwarzen Schatten,
Darunter sich bildet ein glänzender See;
Blau glitzern dort Reste von Schnee.

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Tiefschwarz dräuen Gebilde
Die am Tage noch waren vertraut;
Trotz versilberter Ränder es manchem jetzt davor graut.

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Es fließt noch mehr Silber,
Im Versuch, zu besiegen die Schwärze –
Mit dem schwachen Licht einer Kerze.

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Doch trotz aller Mühen –
Das Dunkel wird stärker!
Nur Kontraste werden härter.

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Ein letztes Aufbäumen der schwarzen Macht,
Dann zieht sie sich langsam zurück,
Um beim nächsten Mal zu versuchen Ihr Glück!

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Die Ränder verschwimmen,
Schatten verblassen –
Die Nacht beginnt das Firmament zu verlassen.

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Sterne verschwinden –
Eine sanfte Brise
Treibt das letzte Silber von der Wiese.

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Der Morgen erwacht;
Goldenes Tageslicht überwiegt
Während das Silber versiegt.

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

Das Land in der Sonne strahlt,
Die letzten Schatten schwinden –
Bis das Mondlicht sie wird lebendig wieder finden!

Dunkel und Hell
Im Tanze vereint.

01.06.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Zerbrochenes Glück

Am trüben Himmel träge Wolken ziehn,
Von Feuchtigkeit so schwer;
Vorm Winde naß zerknüllte Blätter fliehn,
Getrieben vom kalten Norden her.

Schwermütig schlägt mein traurig’ Herz –
Der Sommer ist vorbei und
Voll bittersüßem Schmerz
Denk ich an den sonnig’ Mai.

Wo strahlend in der Sonne Pracht
Schaumig weiße Wölkchen sprangen und
In tiefster, klarster Nacht
Zu zweit wir sah’n die Sterne prangen.

Ja, Im Mai war es, das große Glück;
Staunend entdeckte ich eine neue Welt,
Doch viel zu schnell brach sie in Stück’ –
Das Urteil ward über uns gefällt.

Es ging ganz schnell – doch der Schock war groß.
Vor Sekunden hatten wir noch verliebt gelacht;
Doch niemand kann entfliehen seinem Los.
Dein Leben – mein Glück! – endete in jener Nacht.

Die Nacht war tief, das Dunkel groß –
Dein Fuß verfehlte den sicheren Steg;
Schwer brach ein Stück der Klippe los und
Riß aus dem Leben Dich hinweg.

Deinen Namen schrie ich voll Entsetzen –
Doch dieses war ein sinnlos’ Tun;
Sollte selbst der Sturz Dich nicht verletzen –
In diesen Wogen wirst Du ewig ruhn.

So kam es denn – man fand Dich nie;
Die See hat Dich geholt und
An Tagen, die so sind, wie die –
Das Salz des Meeres über meine Wangen rollt.

Gerade an Tagen, die so sind wie heut’,
Ist’s, als wär’s erst gestern geschehn.
Ach, glaubst Du, wie sehr’s mich reut,
Daß ich nicht konnt’ mit Dir gehen?

Wie schnell auch die Zeit für andere mag vergehn,
Für mich zieht sie diesen Wolken gleich dahin;
Und wann immer stille Winde weh’n
Werden meine Gedanken in den Mai entfliehn!


10.06.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Abschied

Es war ein strahlend schöner Tag,
Von einem weichen, warmen Wind durchstreift,
Als ich neben Dir am Strande lag;
Unsere Liebe war – wie ich dachte – voll ausgereift.

Wir bewunderten das Sonnenlicht,
Wie es sich auf dem meere brach;
Andere Dinge bemerkten wir nicht –
Uns war einfach nicht danach.

Ich wollte, das dieser Tag ewig dauert,
Daß er für uns nie vergeht;
Abschiedsschmerz hat mich stark durchschauert,
Doch unaufhaltsam wurde es spät.

Ich hatte furchtbare Angst vor morgen –
Wir erlebten die Momente voller Genuß,
Obwohl mich bedrückten große Sorgen –
Du verdrängtest sie mit einem Kuß.

Dann war der Augenblick gekommen:
Zu Ende war der Urlaub nun;
Vor Tränen war mein Blick ganz verschwommen,
Aber was konnten wir schon tun?

Ein letzter Kuß und Du warst fort.
Ich stand hilflos da und sah Dir nach;
Jetzt blieb mir nur noch Dein gegebenes Wort –
Fast das Herz in der Brust mir brach.

Seit jenem Tage warte ich auf einen Brief von Dir,
Nur auf eine einzige Zeile;
Doch scheint es, als zerbrach damals unser „Wir“ –
Es zerbrach in tausend kleine Teile…


18.06.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Das Meer und der Tod

Einsam stand sie an dem Strand –
Ein kleines Mädchen nur, in einem schwarzen Gewand.
Traurig sah sie hinaus auf’s Meer,
Doch Ihr Blick war seltsam leer.
Das Gesichtchen von Tränen ganz verschmiert,
Die Haltung die eines Menschen, der innerlich friert.
Im Wind flog ihr langes, rabenschwarzes Haar;
Sie war nun alleine, ganz und gar.
Sie konnte es noch kaum verstehn,
Denn viel zu schnell war alles geschehn;
Letzte Woche noch war ihre kleine Welt heil,
Doch nun war sie zerbrochen, zerschlagen von einem Beil.
Ihre ganze Einsamkeit ward jetzt erst ihr klar,
Als sie die unglaubliche Weite des blauen Meeres sah.
Sie fühlte sich verloren und ohne Halt –
Was sollte sie nur tun? Sie war doch erst sieben Jahre alt!
Da hörte sie aus der Ferne ein Rufen,
Ihre Tante schien nach Ihr zu suchen;
Dann war es also wohl soweit:
Für die Beerdigung war alles bereit.
Schnell wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht –
Irgendwo in ihrem Innern erlosch ein Licht.
Mit hängenden Schultern ging sie zurück ins Haus,
Um auch dieses noch zu stehen aus.
Bedauernd warf sie einen letzten Blick zurück
Auf die Reste Ihres zerbrochenen Glücks –
Auf die Scherben ihrer Kindheit.

Einsam stand sie an dem Strand –
Wie immer sie hier nur Ruhe fand.
Schon wieder war es geschehn;
Sollte denn ihr Leben nur aus Schmerz bestehn?
Zehn Jahre waren bisher vergangen,
Doch mit eisernem Willen hatte sie ein neues Leben angefangen.
Nie hatte sie ihre Eltern vergessen,
Ihr Leben seither war nicht immer glücklich, doch angemessen.
Sie hatte bei ihrer Tante gewohnt und
Dieser die Aufnahme mit Liebe entlohnt.
Vor knapp zwei Jahren hatte sie dann ihr Herz verloren,
geheiratet und ihrem Mann gar ein Kind geboren.
Oh, wie glücklich war sie in jener Zeit,
Doch selbst hier erfuhr sie viel Leid,
Denn ihre Tante hauchte nach langer Krankheit ihr Leben aus;
Auch damals fuhr sie an’s Meer hinaus.
Und nun stand sie schon wieder hier,
Schwarz gekleidet, ohne jegliche Zier,
Nur ihre Haare wehen dieses Mal nicht im Wind,
Weil sie ordentlich zu einem Zopf geflochten sind.
Keine Tränen liefen über ihr Gesicht,
Sie hatte die Kraft zum Weinen nicht;
Am morgen erst hatte sie ihren Mann getragen zu Grab –
Wiedereinmal hatte sie alles verloren, was Halt ihr gab,
Doch während sich eine schwarze Strähne ihres Haares löste im Wind
Dachte sie voller Liebe an ihr gemeinsames Kind.
An seine Zukunft musste sie denken und
Versuchen, mit Liebe es zu lenken;
So sammelte sie einige der Scherben ihres Lebens auf und
fügte sie notdürftig wieder zusammen.

Einsam stand sie an dem Strand –
Trauer sich wie eine Schlange um ihre Seele wand.
Über ein halbes Jahrhundert war nun vergangen;
Der schmerz hatte harte Linien gegraben in ihre Wangen.
Sie war nun eine alte, einsame Frau,
Die Haare nicht länger schwarz, sondern grau;
Ihr Blick schweifte über das blaue Meer –
Wiedereinmal war er trostlos und leer.
Sehr häufig hatte sie besucht diesen Strand,
Der Tod sie mit ihm verband durch seine schwarze hand;
Auch der letzte ihrer Lieben war nun von ihr gegangen,
Ihr immerwährender Kummer hielt sie gefangen.
Ruhig blickte sie auf die Scherben Ihres Lebens zurück und
Beschloß, endlich zu schließen diese große Lück’.
Der Damm in ihrem innern nach Jahren nun brach –
Jetzt erst war es ihr möglich, zu beweinen ihre Schmach.
Nachdem sie damit fertig war
Löste sie ihr ergrautes Haar und
So schloß sich der schreckliche Kreis
Auf die einzig’ mögliche Art und Weis’:
Gemessenen Schrittes ging sie ins Meer hinein und
Beendete so würdevoll ihr Leben voller Pein.

Einsam lag er nun da, der Strand;
Muscheln verzierten den weißen Sand.
Das Meer hatte schon zuviel Leid gesehn,
Um auf Tragödien wie diese weiter einzugehn,
Aber es gewährte der alten Frau ein ruhiges Grab –
In seine Tiefen zog es sie hinab,
Wo sie nun endlich ihre Ruhe fand;
Im Meer, mit dem seit je her der Tod sie verband…


22.06.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Bis das der Tod sie scheidet…

Um den Hals trug sie ein silbernes Geschmeide,
funkelnd von der Steine Pracht;
Ein Gewand trug sie, aus feiner Seide –
Es war eine alte, längst vergessene Tracht.

Es sollte heute sein ein ganz besonderer Tag,
Glück und Freude sollte er bescheren,
Denn es würde geschlossen werden ein Ehevertrag –
Bereits der Abend jedoch tat eines Besseren sie belehren.

Kaum war der letzte Gast gegangen –
Mitternacht war schon längst vorbei –
Befreite sich das Monster – Bis jetzt gefangen!
Zu hören war ein schriller, gequälter Schrei.

Als das erste Morgenlicht
Sich schließlich auf dem meere brach
Sah vor Tränen sie es nicht;
Zu groß war einfach Ihre Schmach.

Wie hatte sie sich nur so täuschen können,
Sie hatte ihn doch so geliebt;
Noch jetzt konnte sie hören sein Höhnen,
Sein zweites Ich hatte brutal gesiegt.

Ganz plötzlich war er fort gewesen,
Der sonst so sanfte, liebenswerte Mann;
Oft hatte sie von derartigem gelesen
Und immer gedacht, es ginge sie nichts an.

Doch jetzt wusste sie es besser,
Aber es zu glauben war immer noch schwer;
Grinsend hatte er gezückt ein Messer
Und fiel gewaltsam über sie her.

Es war ihr einfach unmöglich
Zu ertragen diese schlimme Schmach;
Die Situation erschien ihr unlöslich –
Leise verließ sie das verwüstete Gemach.

Soviel also zu ihren strahlenden Träumen,
Zerstört worden waren sie nun;
Wut begann in ihr zu schäumen
Und bestimmte so ihr weiteres Tun.

Ein Messer aus der Küche holte sie behende,
Kein Zögern verlangsamte ihren Schritt;
So bereitete sie ihm ein blutiges Ende –
Später sollten die Leute sich fragen, welcher Teufel sie wohl damals ritt’.

Der Pfarrer, der gestern erst das Bündnis gesprochen
Hielt nun erschüttert eine Rede an des Mannes Grab;
Seine Stimme war voll Schmerz, irgendwie gebrochen –
Niedergeschnitten hätte sie ihn als wie eine Garb’.

Keiner konnte der jungen Frau verzeihen,
Denn niemand glaubte ihr schreckliches Motiv;
Keiner tat sein Ohr ihr leihen –
Haß und Verachtung trafen sie tief.

So beendete schließlich auch sie ihr Leben,
Aber nach Jahren erst, in einer Psychiatrie;
Was immer das Schicksal wird weben –
Der Mensch wird verstehen es nie.

02.07.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Zeit der Zärtlichkeit

Zärtlichkeit – das ist das Wort,
Das mit dieser Erinnerung ich verbind’;
Zärtlichkeit – an diesem ort –
Zärtlichkeit, wie ich sie wohl nie mehr wieder find’…

Mondlicht versilberte den Strand –
Sanft schimmerte es auf dem Meer;
Nur der Wind uns hier beisammen fand;
Beschützt von der Sterne Heer.

Zu dieser Stunde schlief das Land,
Nur wir beide konnten es nicht;
Zärtlich hielten wir uns an der Hand,
Versonnen beobachtend das blasse Licht.

Voller Zärtlichkeit war diese Zeit –
Sicher und geborgen fühlte ich mich;
Beschützt – von Dir! – vor jedem Leid –
All meine Liebe gab ich nur für Dich.

Deine Hand – Sie strich so sanft über mein Haar –
Liebevoll küsste ich Dein Gesicht,
So seelig ich noch niemals war –
Tränen des Glücks nahmen mir die Sicht.

Doch alles endet, wie es muß –
Uns hatte die Stunde bereits geschlagen,
Wir versanken zum letzten Mal in einem Kuß –
Mehr hatten wir uns nicht zu sagen.

Jetzt war es also vorbei –
Voll Schmerz wandte ich mich zum Geh’n;
Mein Herz brach in der Brust mir entzwei –
Würde ich Dich jemals wieder seh’n?

Noch heute denk’ ich oft zurück
An diese wunderschöne Zeit;
Niemals werde ich vergessen unser Glück –
Unsere Zeit der Zärtlichkeit.

15.09.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Was ist nur geschehn?

In Schleiern fiel der Regen,
Im Grau versank die Welt;
Ihr Geist wanderte auf staubigen Wegen,
In der Gegenwart nichts sie mehr hält.

Blicklos starrte sie hinaus
In das graue, kalte Naß;
Sie hielt es kaum noch aus –
Ihr Gesicht war still und blaß.

Glitzernd bahnten sich Regentropfen
Ihren Weg über klares Glas;
Das regelmäßige Klopfen
An Ihren nerven fraß.

Schmerzlich war die Erinnerung,
Ihr Herz sich in Krämpfen wand.
Verloren hatte sie jeglichen Schwung,
Ohne Nachricht aus fernem Land.

Dort hatte sie endlich Liebe gefunden –
Oder hatte dies zumindest geglaubt,
Doch das Glück war längst wieder entschwunden;
Ihre Hoffnung für Immer geraubt.

Sie war doch so glücklich gewesen,
So frei und unbeschwert;
Ihr Herz war endlich genesen,
Überwunden die Dornen, womit es bewehrt.

Er hatte Ihre Deckung durchbrochen
In nur einer einzigen Nacht,
Hatte mit Zärtlichkeit sie bestochen,
Mit Schwüren von Treue zu fall Gebracht.

Sie hatte sich auf ihn verlassen,
Hatte ihm blind vertraut,
Doch nun begann sie ihn zu hassen –
Fühlte sich besudelt, ausgenutzt, mißbraucht.

Er hatte keinen davon gehalten,
Nicht einen einzigen Schwur;
Draußen tobten Naturgewalten,
Doch seine Versprechen hörte sie nur.

Wieso tat er ihr das an?
Warum schrieb er denn nicht?
Woran lag es nur, woran?
Tränen liefen über ihr Gesicht.

Wie konnte das je passieren?
Was war denn nur geschehn?
Sie begann innerlich zu frieren
Und konnte es doch nicht verstehn.

Schließlich gab sie auf und ging
Barfuß in den Regen hinaus;
Nässe sich in ihren Haaren fing –
Nur im Nachthemd verließ sie das Haus.

Und irrte weinend durch die Nacht,
In der der Regen ward zu Schnee;
Sie glitt in den Tod hinein so sacht
Als wie in einen tiefschwarzen See.

Am nächsten Tag hätte Nachricht sie erhalten,
Daß Ihr Liebster bereits verstorben war;
Er starb auf See – Im Sturme der Gewalten,
Gevatter Tod schon vor Monaten holte ihn in seine Schar.

So erfuhr sie also nie,
Was nun wirklich war geschehn;
Das Schicksal ist voll von Ironie –
Im Himmel haben beide sich wiedergesehn!

10.11.1994
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Streit

Ich bin innerlich zerrissen,
Fühle mich alt, verbraucht, verschlissen;
Nur ein Gefühl ist in mir noch wach,
Quält mich sehr gar jede Nacht
– EINSAMKEIT –
Und niemand da, der mich davon befreit.
Und nun verlässt auch Du mich noch –
Mir ist’s, als fiele ich in ein bodenloses Loch,
Warst Du doch mein letzter Halt in dieser Welt;
In einer Welt, die nach und nach um mich zerfällt,
In der nichts und niemand hat Bestand,
In der alles mich verlässt, was lieb mir war und bekannt;
Jetzt bin ich ganz allein,
Kein Freund, keine Freundin, nur einsam sein.
Gut verstanden hatten wir uns lang,
Bei Dir war mir niemals Angst und Bang,
Doch durch einen einz’gen dummen Streit
Scheint nun zu enden diese gute zeit,
In der wir unsere Probleme teilten und
Gemeinsam an unseren Träumen feilten.
Und hier steh’ ich ganz verzweifelt nun,
Hab’ keine Idee, was ich könnt’ tun
Um Dich wiederzufinden, nur Dich allein –
Ohne Dich kann ich ganz einfach nicht mehr sein.
Laß uns doch begraben unseren Zwist –
WARUM?
Ganz einfach:
Weil DU einfach ALLES für mich bist!

28.01.1995
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Zu kurz…

Ich habe ihn nur kurz gesehn,
Dann musste ich schon wieder gehn;
Nur ein schneller Blick
Und es machte – KLICK –
Dann war er wieder fort.
Wer weiß, wohin, an welchen Ort,
Wohin der Wind ihn wohl wird wehn?
Oh, warum musste ich nur schon gehn?
Wo ich doch endlich den Mann fand,
Mit dem mich spontan Sympathie verband.
Nun werd’ ich ihn nie wieder sehn
Und muß wohl auch weiterhin alleine durch das Leben gehen.

19.02.1995
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Augen

Augen,
Augen, so tief, so klar –
Klar wie warmer Regen,
Regen, der im Sommer fällt.

Augen,
Augen, so groß und leer –
Leer wie tiefe Gruben,
Gruben, in die man Särge senkt.

Augen,
Augen, voller Hoffnung,
Hoffnung auf Frieden,
Frieden, der uns eint.

Augen,
Augen, voller Trauer –
Trauer um diese Welt,
Eine Welt, die langsam um uns zerfällt.

Augen,
Augen, so strahlend wie Sterne –
Sterne, die am klaren Himmel stehen,
Am Himmel über uns.

Augen,
Augen, voller Tränen –
Tränen, die ungeweint,
Ungeweint für alle fließen.

Augen,
Augen, voller Güte –
Güte, die allen gilt,
Allen Geschöpfen dieser Welt.

Augen,
Augen, so voll Schmerz –
Schmerz, der so tief brennt,
Brennt wie tausend Feuer.

Augen,
Die Augen aller Menschen –
Menschen dieser Erde –
Und alle Augen sind gleich.

19.02.1995
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Opa

Du hast
Gelebt,
Gelacht,
Geliebt.

So,
Wie Du
Gelebt,
Gelacht und
Geliebt
hast,
Bist Du
auch
Gestorben.

Wir haben
mit Dir
Gelebt,
Gelacht
und haben
Dich
Geliebt.

Als Du
Gestorben
bist,
Ist ein Teil
Unseres
Lebens,
Unseres
Lachens
Und Unserer
Liebe
Mit Dir
Gestorben.

Dieser Teil
Wird Dich
Für Immer
Begleiten
und Uns
für Immer
an Unser
Leben
mit Dir,
An Dein
Lachen und
An Deine
Liebe
Erinnern.

07.03.1995
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Zerbrochen

Zitternd und einsam
liegt es hier,
Einsam, allein und vergessen.

Es zittert vor Gram,
aus Angst vor Gier –
Denn von dieser ward es einst zerfressen.

Einst – das war vor langer Zeit –
war es nicht allein,
Sondern geschützt, geborgen und sicher.

Doch dann – vor einer Ewigkeit –
kam die Pein;
Schmerz, Haß und Furcht trafen es bitter.

In einem langen Kampf
ward es zerrissen,
Zerschmettert, verletzt und verstoßen;

Es wand sich in tödlichem Krampf,
voll schrecklichem Wissen,
Um Tod, Zerfall und vermodernde Rosen.

Es versuchte zu retten,
was zu retten war –
Doch da gab es nichts.

Zerbrochen waren alle Ketten,
es war einfach nichts mehr da,
Wie ein völliges Abhandensein des Lichts.

Da zerbrach es und
fiel der Verzweiflung anheim,
Es gab sich einfach auf.

Hoffnungsloses, bitteres Brüten allein –
Depression und Einsamkeit
nahmen ihren Verlauf.

Dort liegt es nun –
Einsam, allein vergessen;
Existierend – ja - , aber bestehend nur noch aus Schmerz.

Kann denn niemand etwas tun,
Vielleicht Wunden schließen, die immer noch schwären und nässen –
Wer heilt dieses zerschmetterte, gebrochene Herz?

07.03.1995
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Niemals

Grau in Grau
Lag vor uns die Welt –
Kalt und naß, wie entstellt.

Schwer war es mir um’s Herz –
Samtiger Schnee dämpfte ein
Wenig den scharfen Schmerz.

Sanft und lautlos
Schwebten die Flocken herab –
Sie bedeckten still Dein frisches Grab.

Sie tanzten auf
Zarten Füßen herbei –
Erstickend der Seele verzweifelten Schrei.

Du bist gestorben und begraben nun –
In diesem schneebedeckten Grab
Wirst Du für immer ruhn.

Vergessen?
Das werden wir Dich nie –
Doch der Schmerz zwingt uns in die Knie.

Nun ist’s vorbei,
Wir können gehn –
Keiner kann glauben, was hier ist geschehn.

Und dennoch
Geht das Leben weiter –
Auch ohne Dich als unseren Leiter.

Unter Massen von Schnee
Verschwand schließlich gar Dein Grab –
Wir gingen – und Stille senkte sich herab.

Jetzt ruhe sanft An diesem Ort –
Aber sei gewiß:
Aus unseren Herzen gehst Du NIEMAlS fort!

14.04.1995
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

Mutlos

Wiedereinmal bin ich allein
Und voller trauriger Gedanken,
Die sich schwer um meine Seele ranken.

Ich sitze nur da
Und starre vor mich hin –
Suche vergeblich nach irgendeinem Sinn

In den Dingen,
Die um mich herum geschehn –
Manchmal möchte ich um Einhalt flehn.

Oft ist es ganz einfach zuviel
Und mich verlässt der Mut,
Denn das meiste ist schlecht, nur Weniges gut.

Und trotzdem unternehme ich nichts;
Ich kann mich nicht dazu aufraffen,
Manches aus der Welt zu schaffen.

Denn sonst könnte ja ICH diejenige sein,
die Verletzt,
Deren Rede schmerzt und ätzt.

Doch das möchte ich auf gar keinen Fall;
Drum sitze ich nur schweigend da –
Mutlos darauf wartend, jeder Hoffnung bar,

Daß jemand anderer die Welt verändert,
Sie verwandelt in einen wunderbaren Ort –
An dem niemals fällt ein böses Wort.

29.05.1995
Anja M. Stümpfig
(Anja M. Mahr)

 

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